Moritz Karl Wilhelm Anton Graf von Strachwitz
Moritz Karl Wilhelm Graf von Strachwitz (* 13. März 1822 in Peterwitz bei Frankenstein, Schlesien; † 11. Dezember 1847 in Wien) war ein bekannter Balladendichter, der im Tunnel über der Spree ein Vorbild für Theodor Fontanes Balladendichtungen war.
Leben
Er entstammte einer schlesischen Adelsfamilie, studierte Jura in Breslau und Berlin. Seit 1845 war er Mitglied des Corps Silesia Breslau. Nach dem Studium leistete er sein Referendariat beim Kreisgericht Grottkau ab. Danach ging er auf Reisen nach Schweden, Norwegen und Dänemark. Daraufhin kehrte er zunächst auf sein Gut Peterwitz zurück, siedelte dann aber auf sein mährisches Gut Schebetau über. Auf einer Italienreise erkrankte er in Venedig und starb kurz vor seiner Rückkehr in Wien.
Viele seiner Gedichte wurden vertont, unter anderem von Robert Schumann, Carl Loewe und Johannes Brahms. Besonders bekannt waren unter anderem „Das Lied vom falschen Grafen“ und „Hie Welf!“.
Von seinem Zeitgenossen Ludwig Fränkel wurde er in der „Allgemeinen deutschen Biographie“ wie folgt charakterisiert: „In dem aufreibenden Leben der Großstädte hatte sich seiner eine gewisse Unruhe bemächtigt, […] nie wieder kam er zur rechten Ruhe, zur Freude am Leben, zur Befriedigung mit seinem Schaffen und sich selbst, zur Erkenntnis seines Berufes“ und „Er war eine kühne, in den demoralisierenden Wandelgängen der großen Welt naiv gebliebene Natur.“
Sein bekanntestes Gedicht ist „Das Herz von Douglas“, aus dem noch gelegentlich zitiert wird:
Sie ritten vierzig Meilen fast und sprachen Worte nicht vier
und:
kurz ist die schottische Geduld und lang ein schottisch Schwert!
Werke
- Lieder eines Erwachenden, 1842
- Neue Gedichte, 1848 (Gedichte aus dem Nachlass) (GBS)
- Gedichte, Breslau 1850 (Gesamtausgabe)
Literatur
- Ludwig Julius Fränkel: Strachwitz, Moritz Graf von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 36, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 480–483.
- Gertrud Fischer: Der Verfall des Gehalts der heldischen Ballade von Strachwitz und Fontane bis zu den Epigonen (1840–1880). München 1956 (München, Univ., Diss. phil.).
- Hanns Gottschalk: Strachwitz und die Entwicklung der heldischen Ballade. Triltsch, Würzburg 1940 (Zugleich: Breslau, Univ., Diss. phil., 1940).
- Alwin Kurt Theodor Tielo (d. i.: Kurt Mickoleit): Die Dichtung des Grafen Moritz von Strachwitz. Duncker, Berlin 1902 (Forschungen zur neueren Litteraturgeschichte 20), (Auch reprographischer Druck: Gerstenberg, Hildesheim 1977, ISBN 3-8067-0610-7).
- Details
- Geschrieben von: Alex Strachwitz
- Hauptkategorie: Literatur, Kunst und Kultur
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Wie ein fahrender Hornist sich ein Land erblies
Der blies das Horn so süß,
Daß er 'nem jeden, der's vernahm,
Das Herz aus dem Leibe blies.
Vor Kaiser Karl und seinem Gesind,
Da ließ er sein Horn erschallen,
Er blies so laut, er blies so lind,
Das tät dem Kaiser gefallen:
Dein Horn hat hellen Ton,
Und was das Horn erreichen kann,
Das sei des Hornes Lohn.
Auf hohem Berg, in weiter Au,
Da sollst du's blasen am Rheine,
So weit man's hört im ganzen Gau,
Sei alles Land das deine!«
Ringsum viel Rebenhügel
Und blaues Gebirg' und grünes Land
Und blitzender Ströme Spiegel.
Er setzte das Horn wohl an den Mund,
Sich selber auf den Rasen,
Weit in die Rund', aus Herzensgrund,
Da tät er blasen und blasen.
Und dann ein hallend Geschmetter,
Der Westwind schwieg und der Wasserfall,
Es schwieg das Rauschen der Blätter.
Die Bergeskuppen, die Schlösser drauf,
Die neigten sich horchend hinüber,
Den Flug, den hielten die Adler auf
Und schwammen lautlos hinüber.
Er blies zum wirbelnden Tanze,
Die Eichen faßten einander an
Und walzten am Bergeskranze.
Die Schnitter warfen die Sensen fort,
Die Dirnen mußten sie schwingen;
Der alte Rhein im felsigen Bord,
Wie ein Knäblein wollt' er springen.
War freudig aus den Maßen,
Durch Dorf und Weiler in der Rund',
Da schritt er seine Straßen.
»Hast du das Horn gehört?« fragt' er
Tät sich ein Bauer zeigen,
Und scholl ein »Ja« zur Antwort her,
Rief er: »Du bist mein eigen!«
Mit solcher Klanggewalt,
Daß alles käm' in meinen Bann,
So weit mein Lied erschallt.
Nicht Land und Leut', nicht Burg und Wald,
Die sollte vor mir sich neigen:
Ich wollte nur, wo e widerhallt,
Wär' jedes Herz mein eigen.
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Nun grüße dich Gott, Frau Minne!
Die Wälder atmen sacht,
Und über die Tale wogt und wallt
Das Ambrahaar der Nacht.
Die Erde wie tief, und um mich her
Eine Fülle edler Gestalten,
Tief in der Brust ein flutend Meer
Volltönender Gewalten;
Und hast du lange versteckt gewohnt,
O freudige Kraft der Lieder,,
So schüttle heut in den silbernen Mond
Dein silbernes Gefieder.
Herr Walter war ein Ritter jung,
Er hatte lang gestritten,
Bis ihm ein scharfer Schwertesschwung
Ins freudige Herz geschnitten.
Sein Hengst stob in die Winde,
Sie trugen ihn aus dem Sonnenbrand
Unter die breite Linde.
Zu stillen das Blut dem Degen;
Auf den Sterbenden vom Lindenbaum
Fiel reicher Blütenregen.
Ihr Aug' in Tränen glühte,
Sie hielt ihm einen Becher Wein
An des Mundes welkende Blüte.
Sie kniete zu ihm nieder,
Da drang ein schneller Rosenschein
Durch die sinkenden Augenlider.
Ein Schauer jäher Wonne,
Er sah sie an, so voll und stark,
Wie der sterbende Aar die Sonne.
»Nun rinne, mein Blut, o rinne!«
Er trank den Becher auf einen Zug:
»Nun grüße dich Gott, Frau Minne!«
In der Nacht, in der seligen Sommernacht,
Wo niemand traurig bliebe,
Da hab' ich euch dennoch ein Lied gebracht,
Ein Lied von blutender Liebe.
Verzeiht, es ist das alte Lied
Von Seligkeit und Verderben.
Wenn der Dichter dem Himmel ins Auge sieht,
Dann muß er jubelnd sterben.
Der Himmel ist fern und hoch und hehr,
Nun rinne, mein Blut, o rinne!
Die Wunden brechen, der Becher ist leer,
Nun grüße dich Gott, Frau Minne!
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- Geschrieben von: Alex Strachwitz
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Ein Gesicht
Das ist ein Hünengrab;
Dort senkten sie im Totenschrein
Mein Vaterland hinab.
Das ist des Hünen Geist,
Der überm Grabe Jahr für Jahr
In steter Runde kreist.
Ich kenn' ihn wohl, bei Gott,
Der sieht zum Adler himmelan
Mit düster kaltem Spott.
Viel tausend Jahre noch,
Sie halten dich bei uns zu Land
Für eine Kräne doch.
Für Dohl' und Raben an,
Und was bei uns im Aase gräbt,
Heißt Adler oder Schwan.
Und ward verkannt, verhöhnt;
Da hab' ich mir den Sonnenflug
Für immer abgewöhnt.
Und sterben auf dem Stein,
Dann scharrt man mich, wenn's enden will,
Vielleicht daneben ein.
Und stirb allhier wie ich:
Da droben in der deutschen Luft,
Da ist nicht Raum für dich!
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O wecke nicht den scheuen Stolz!
Ihn weckt ein leicht Geräusch,
Er bricht den Liebespfeil im Holz,
Die Spitze bleibt im Fleisch;
Er geht urplötzlich wie ein Sturm
Durch den allerschönsten Mai,
Die Liebe krümmt sich wie ein Wurm,
Der Frühling ist vorbei!
So sehr ein Mann gekonnt,
Dein Aug' hat meine Stirn getrübt,
Dein Auge sie besonnt.
Vielleicht hat du mich auch geminnt!
Vielleicht – es ist zu spät!
Die Stunde rinnt, die Wunde rinnt,
Die Saat ist abgemäht! –
Der abgebrochne Schaft,
Du hast zu gerne Ball gespielt
Mit mir und meiner Kraft.
Ich bog mein trotzig Knie um dich,
Du hast dich abgekehrt;
Da lacht' ich wild und stürzte mich
In meines Stolzes Schwert.
Um alles Heil der Welt!
Dir aber wünsch' ich Maiengrün,
Wohin dein Auge fällt.
Und wenn es einst in Liebe schmolz
Für einen bessern Mann,
Du kennst den Stolz, den scheuen Stolz,
O rühre nie daran!
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Lebensansicht
Ihr sprecht zu Stein und Holz,
Ihr sollt mir ihn nicht brechen,
Den freud'gen Jugendstolz.
Daß alle Menschen schlecht,
Daß ganz in einem Jeden
Erstorben sei das Recht.
Als ihr es immer meint,
Der Nebel ist so graß nicht,
Als ihr es stets beweint.
Als ihr es immer sagt,
Die Not nicht so unendlich,
Als ihr es stets beklagt.
Noch eine große Schar,
Es ist von allen Wonnen
Die Erde noch nicht bar.
Mit Feder und mit Schwert,
Noch gibt es Heldenlieder
Von freier Helden Wert.
Und Dichter wilder Art,
Es glühn als Sangeslichter
Noch Frauen wunderzart.
Noch lange nicht verglüht,
Des Lenzes Duftgewebe
Hat Jahr für Jahr geblüht.
Noch für das Rechte stehn,
Da darf der Hoffnung Barke
Nicht völlig untergehn.
Noch sprühn in einer Brust,
Da soll man nicht verdammen
Die frische Liedeslust.
Ums Herz der Nebeldunst,
Das Herz sei voll von Liebe,
Und fröhlich sei die Kunst!
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Auf der Heide
Auf der Heide jubelt der Wind der Schlacht! –
Ihre Schwerter sind blau, ihre Banner rot,
Und sie reiten hinein in den roten Tod
Wohl über die breite Heide!
Sein Herz sich über den Wolken wiegt.
Eine Rose blüht auf des Feindes Wall,
Nach der Rose sieht er allüberall
Wohl über die dunkle Heide!
Die Blume, die blüht so zauberisch.
Einen tüchtigen Satz und drauf und drein –
»O Rose, du mußt mein eigen sein!« –
Vom Hufschlag donnert die Heide.
Er greift nach dem Herzen, er wird geschleift.
Der Hengst reißt aus mit dem Ritter wert,
Daß blutendes Haar die Heide kehrt,
Die Heide, die rote Heide! –
So trotzig mein Herz, so hoch sein Schwung.
Mein freudiges Leben setzt' ich ein,
Denn die Rose sollte gewonnen sein,
Die herrliche Rose der Heide!
O süße Rose, wie brennt dein Dorn!
Durch das Leben geschleift von Zorn und Qual,
Wann steht das Roß, wann ruhst du einmal,
Mein Herz, tief unter der Heide?
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Maalstromssage
Das Boot geht schneebeschwingt,
Der alte Norwegs-Fischer
Steuert und singt.
Erklingen bei jedem Wort,
Und über den rollenden Meeren
Zittert es fort:
Die Schlange Jormungand,
Sie hält die Erdenrunde
Dreimal umspannt.
Des Maalstroms Strudel schnaubt,
Da liegt der Midgardschlange
Mähniges Haupt.
Ihr Rachen gähnt weit auf,
Sie saugt den Odem ein und
Stößt ihn hinauf.
Hinunter die stärkste Flott',
Vor ihrem Atemzuge
Schütze uns Gott! –
Wir schauten über Bord,
Im Wasser ging ein Kräuseln
Leise nach Nord.
Aus Norden schwer heran,
Wir aber lenkten im stillen
Südwärts den Kahn.
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Meeresabend
Als wie in Zorn und Pein,
Nun bettet sich, nun glättet sich
Die See und schlummert ein.
Ein mildes heiliges Wehn,
Das ist der Atem Gottes,
Der schwebet ob den Seen.
Die schlummernde See gelind
Und spricht mit säuselndem Segen:
Schlaf ruhig, wildes Kind!
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- Geschrieben von: Alex Strachwitz
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Bei Platens Tod
Der rastlos seine goldnen Pfeile sendet,
Der endlich trotzig sich verblutend endet
Als der Philister göttlicher Bezwinger.
Dem Nord und Süden Ruhm und Preis gespendet;
Es sei dein Haupt der Heimat zugewendet,
Du melodieenvoller Rhythmenschlinger!
Im Übermaße deiner Zorngedanken,
Reicht sie die Rechte doch ins Grab zum Frieden.
Sei auch der deutsche Eichenkranz beschieden,
Und dein verbleib' er ewig ohne Wanken!